· 

#Infobeitrag 2: Wie soziale Medien unser Meinungsbild verändern und was Filterbubbles damit zu tun haben

Soziale Medien sind ja etwas Schönes. Da findet man alte Freunde, Klassenkameraden und kann sich vernetzen, egal wieviele Kilometer uns trennen. Die Kehrseite der Medaille ist jedoch, jeder, und zwar wirklich jeder, kann diese Mittel nutzen, um sich und seine Meinung kund zu tun. Die einen behaupten, dass die Erde eine Scheibe sei oder andere verlagern ihren Wahlkampf ins Netz. 

 

Und dann fragt man sich – wie kann es passieren, dass Menschen so einfach Fakten ignorieren können? 

 

Eine (unter sicherlich vielen) Erklärung sind Filterblasen. Filter was? Der Begriff der Filterblase geht auf den Internetaktivisten Eli Pariser zurück, welcher den Begriff in seinem Buch „Filter Bubble – Wie wir im Internet entmündigt werden“ (Pariser, 2011) wie folgt charakterisiert:

 

„Die neue Generation der Internetfilter schaut sich an, was Sie zu mögen scheinen – wie Sie im Netz aktiv waren oder welche Dinge oder Menschen Ihnen gefallen – und zieht entsprechende Rückschlüsse. Prognosemaschinen entwerfen und verfeinern pausenlos eine Theorie zu Ihrer Persönlichkeit und sagen voraus, was Sie als Nächstes tun und wollen. Zusammen erschaffen diese Maschinen ein ganz eigenes Informationsuniversum für jeden von uns – das, was ich Filter Bubble nenne – und verändern so auf fundamentale Weise, wie wir an Ideen und Informationen gelangen.“ (Pariser, 2011 S. 17)

 

Das Gemeine an Filterblasen ist, dass wir in diese gesteckt werden (ähnlich dem Schubladensystem, wenn wir das erste Mal eine Person sehen). Hier mal ein Like, da mal ein Klick, diesem gefolgt und zack, Schublade auf, wir rein und Schublade zu. Nun befinden wir uns in unserer Blase. Ein Grundziel sozialer Medien ist, dass wir möglichst viel Zeit in diesen verbringen sollen. Dies gelingt am besten, indem wir wohlwollenden Inhalt präsentiert bekommen. Dieser kann uns aufregen, sollte aber unserer Meinung entsprechen. Und darum geht es. 

 

Erst lesen wir ein paar Beiträge dazu, ob die Erde nun wirklich ein Ball ist, sehen uns vermeintliche Untersuchungen dazu an oder Beiträge, in denen die Erde vielleicht eine Scheibe sein könnte (wie gesagt, jeder kann im Internet schreiben, dazu muss man nicht einmal schreiben können – wundervolle Technik!). Wir werden langsam in diese Richtung kategorisiert, die eben genau der Gruppe zugehörig ist, welche denkt, dass die Erde eine Scheibe sei, bis wir irgendwann ausschließlich Beiträge sehen, welche uns dies vorgaukeln. 

 

Nun könnten wir sagen: „Ja aber das ist doch ein kleiner Teil, der Großteil weiß doch, dass die Erde rund ist.“ Ja, aber jetzt kommt das Freundschaftsparadoxon hinzu. Dieses sagt aus, dass die meisten Nutzer eine überschaubare Anzahl von Freunden oder Followern im Netz haben, während ein paar wenige Nutzer mit einer sehr großen Anzahl hervorstechen. Diese Nutzer werden natürlich häufiger zitiert als man selbst oder deren Inhalte werden stärker verbreitet als die eigenen. Allein durch die Anzahl der Netzwerkkontakte entsteht so eine größere Informationsmacht.

 

Eine Minderheitsmeinung kann also den Eindruck schaffen, dass es sich um eine Massenmeinung handelt. Man muss lediglich Meinungsführer mit großen Netzwerken nutzen, um ein Thema als allgemeingültig erscheinen zu lassen. Das muss nicht immer schlecht sein. In bestimmten Fällen kann es aber dafür sorgen, dass extremen Meinungen, Einstellungen und Verhaltensweisen eine verstärkte Aufmerksamkeit zuteil wird und das Phänomen so für Propagandazwecke missbraucht wird.

 

Jetzt sagt ihr vielleicht: „Ja, aber ich habe doch trotzdem meine eigene Meinung.“ Na ja, so einfach ist das leider nicht. Bereits 1951 hat der Psychologen Salomon Asch ein Wahrnehmungsexperiment ausgeführt, das seither etliche Male bestätigt werden konnte. Ash forderte seine Probanden auf, den längsten von drei Stäben zu identifizieren. Eigentlich eine simple Aufgabe, oder? Doch es zeigte sich: Wenn viele Menschen geschlossen den falschen Stab wählen, dann passt sich ein Einzelner diesem Urteil an. Welchen Stab wir für lang oder kurz halten, richtet sich danach, was andere sagen. Wir nehmen die Dinge buchstäblich so wahr, wie es die von uns empfundene Mehrheit der Menschen von uns erwartet.

 

Ein Begriff, auf welchen wir in diesem Kontext ebenfalls stoßen, ist der der Echokammer. Dieser Begriff kommt eigentlich aus der Akustik. Im Kontext der sozialen Medien beschreiben Echokammern: 

 

einer Filterblase ähnlicher überwiegender oder ausschließlicher virtueller Kontakt mit Gleichgesinnten und deren Auffassungen, insbesondere in sozialen Netzwerken“ (Dudenredaktion, o. J.) 

 

Wir umgeben uns also gerne mit Gleichgesinnten. Dies hat den Effekt, dass wir in unserer Meinung bestärkt werden. Leider passiert dies unabhängig der Faktenlage, sodass dies zu Bestätigungsfehlern führen kann (vgl. Berger, Willkommen in der Echokammer – Politische Debatten in Zeiten des Internet) 

 

Kennt Ihr Stammtische? Da kommen Menschen regelmässig zusammen, um über wichtige und weniger wichtige Themen zu sprechen (ok, und in vielen Fällen um sich zu betrinken, wenn nicht gerade Corona ist). Soziale Gruppen verhalten sich ähnlich, Facebook-Gruppen zum Beispiel. Hier finden sich Menschen virtuell zusammen, um mediale Inhalte zu teilen und zu diskutieren. Wobei man jedoch mit dem Begriff „Diskutieren“ vorsichtig sein muss. 

 

In vielen Fällen ist es leider nicht so, dass abweichende Positionen oder Fakten, die dem eigenen Weltbild zuwiderlaufen, dort im Rahmen eines kritischen Diskurses ergebnisoffen debattiert werden. Eher im Gegenteil. Der Konsens ist vielmehr das vereinende Element dieser Gruppen. Man filtert Inhalte, die diesem Konsens widersprechen, bereits vorher aus und ist sich vor allem darin einig, dass man sich einig ist.

 

Ende gut, alles gut. Und ist es nicht gut, ist es nicht das Ende … Nun ja … 

 

Was wir Euch eigentlich sagen wollen? Bilder sind super! Wenn es noch Hintergrundfakten gibt, ist es noch besser. Aber hinterfragt alles! Und überprüft Dinge, bevor Ihr sie weiter verbreitet, manchmal ist es nur in Eurer Bubble so wie es aussieht. 

 

 

Quellen: 

 

Kreil, Michael. Social Bots, Fake News und Filterblasen - Therapiestunde mit einem Datenjournalisten und vielen bunten Visualisierungen. Abgerufen von https://media.ccc.de/v/34c3-9268-social_bots_fake_news_und_filterblasen

 

Vera Münch. Wie soziale Netzwerke unsere Meinung manipulieren. Abgerufen von https://www.wiwo.de/technologie/digitale-welt/studie-wie-soziale-netzwerke-unsere-meinung-manipulieren/12003650.html

 

Clemens Geissert. Filterblasen und Echokammern im Social Web - Seminararbeit im Interdisziplinären Lehrangebot des Instituts für Informatik, Leitung: Prof. Hans-Gert Gräbe, Ken Pierre Kleemann

 

Berger, J.. Willkommen in der Echokammer - Politische Debatten in Zeiten des Internet. Abgerufen von https://www.nachdenkseiten.de/?p=28235

 

Simon Hegelich, Morteza Shahrezaye. Die Disruption der Meinungsbildung - Die politische Debatte in Zeiten von echokammern und Filterblasen. Abgerufen von https://www.kas.de/c/document_library/get_file?uuid=9be2b9fb-e2b7-79cb-ac8d-4de531b0d4ed&groupId=252038.

 

Fabian Geib. Filterblasen – Medien zwischen Individualität und Manipulation?

Abgerufen von https://www.silver-tipps.de/filterblase-medien-zwischen-individualitaet-und-manipulation/

 

Markus Reuter. Größter AfD-Twitter-Account ist ein Scheinriese. Abgerufen von https://digitalpresent.tagesspiegel.de/balleryna

 

Gernert, J. Social Networking: Was Facebook über dich weiß. Abgerufen von https://taz.de/Social-Networking/!5108316/

 

https://www.michael-kreil.de

Kommentar schreiben

Kommentare: 0